Über Kunst im Untergrund

Kunst im Untergrund hat eine lange Geschichte, die 1958 auf dem Bahnsteig der Linie U2 im U-Bahnhof Alexanderplatz begann und dort bis 2008 beheimatet war. Seit Anfang der 90er Jahre unter der Trägerschaft der nGbK wurden von einer Arbeitsgemeinschaft (AG) offene Wettbewerbe unter dem Titel „Kunst statt Werbung“ ausgeschrieben, anfangs für die Hintergleiswerbeflächen und ab 1999 auch auf dem Bahnsteig: Dadurch wurden die Künstlerinnen und Künstler angeregt, den Ort weniger „museal“, sondern mehr in seiner Funktion eines öffentlichen Transitraumes zu begreifen.

2008 wurde der U-Bahnhof Alexanderplatz von Werbetreibenden beansprucht. Der Bahnhof, der nie mit Werbung bestückt wurde, war aufgrund der hohen Fahrgastfrequenz nun Geld wert – ihn der Kunst zu überlassen, war undenkbar geworden. Der Verlust des traditionellen Standortes führte zu starken Verwerfungen innerhalb der nGbK, die federführende AG löste sich unter Protest auf. Nach längerem Hin und Her entschied sich die nGbK aber schließlich, den Wettbewerb unter den anderen Bedingungen, ohne festen U-Bahnhof, weiter zu führen. 2008/2009 wurde als Interimslösung wieder ein Plakatwettbewerb ausgeschrieben. Unter dem Titel „Glück gehabt“ wurden Einzelwerke gesucht, die auf den Bahnhöfen Bernauer Straße, Voltastraße und Weinmeisterstraße gezeigt wurden.

Ab 2009 wurde der Wettbewerb mit einem Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit zwischen Künstler_innen, BVGern und anderen Expert_innen des Untergrundes ausgerichtet. Die neue AG behandelte bis 2011 mit ihren Projekt “U10 – von hier aus ins Imaginäre und wieder zurück” das U-Bahnnetz als Spiegel der Berliner Geschichte, als Seismograph aktueller städtischer Entwicklungen und als Projektionsort für die Zukunft des Öffentlichen. Der Name U10 verweist auf die einst geplante, aber nie zu Ende gebaute Linie U10. Einige der ausgewählten Arbeiten konnten in Bereichen von bereits gebauten, aber bisher ungenutzten Bahnsteigen und Tunnel der Linie U10 präsentiert werden.

Die Offenen Wettbewerbe 2012 („Vorne fahrn“) und 2013 (“Nach der Arbeit“) fragten nach künstlerischen Kommunikations- und Interventionsmöglichkeiten im Medium Plakat, die auf den (Hintergleis-)Plakatflächen einzelner U-Bahnhöfe umgesetzt wurden. Der Wettbewerb nahm so Bezug auf die Anfänge des künstlerischen Plakatwettbewerbs, der den U-Bahnhof Alexanderplatz ab den 1950er Jahren durch Plakatgestaltungen in einen Ausstellungsraum verwandelte. Im Unterschied zum historischen Wettbewerb wurden der Radius innerhalb der Stadt und des U-Bahnnetzes erheblich erweitert und künstlerische Arbeiten produziert, die dezidiert orts- und kontextbezogen vorgingen.

Das Hauptaugenmerk lag somit auf einer interventionistischen Herangehensweise der Künstler_innen. Unterstützt wurde der Ansatz durch die Präsenz nur eines Wettbewerbsbeitrages je Bahnhof und nicht zuletzt durch die Änderung des Paradigmas „Kunst oder Werbung“: Aufgrund des interventionistischen Charakters war es folgerichtig, die künstlerischen Beiträge in einer „normalen“ Umgebung wirken zu lassen.

 

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